Sonntag, 16. August 2009

Indischer Schinken

Gestern war einfach mal eine ganztägige Sendepause nötig.
Hab mehr als 12 Stunden geschlafen und hatte es wohl auch dringend gebraucht.
Abends kuschelte ich mich auf mein Sofa, und sah mit Staunen, daß ein Bollywood-Schinken von 4! Stunden Länge auf dem Programm stand, und da mich sonst nichts ansprach in den anderen Programmen, zog ich es mir rein. Ich muss sagen, es hat sich gelohnt, und ausser in den Werbepausen habe ich mich keine Sekunde gelangweilt. Neben einiger unfreiwilliger Komik, eine der Hauptdarstellerinnen hatte IMMER Wind in ihren Haaren, auch wenn sie in geschlossenen Räumen war, und einer der Hauptdarsteller sah in seiner coolen Lacklederkluft wie ein Homosexuellenidol aus,
war es unglaublich angenehm, 4 Stunden überhaupt keine Gewalt ansehen zu müssen, stattdessen wirbelten dauernd Frauen in bunten Saris wie Blütenblätter herum, die Tanzeinlagen waren grandios, selbst die Männer weinten in einem fort, und ihre Fönfrisuren waren perfekt und als sie sich nach 4 Stunden dann endlich alle versöhnt hatten, war auch ich richtig happy.
Ihr wisst ja inzwischen, daß ich Indien sehr liebe, und auch schon mal die Gelegenheit hatte, eine Weile Land und diese unglaublichen Menschen dort näher kennenlernen zu dürfen.
Die Pracht und der so lässig dargestellte Reichtum steht natürlich in keinem Verhältniss zu den vielen ausgemergelten Menschen, die auf Bürgersteigen wohnen, und die ihren Kindern Gliedmassen abhacken, damit sie besser betteln können, und die Darstellung der niedrigeren Kasten war beschönigend und nicht wirklich realistisch.
Kino ist in Indien aber ein Medium, welches bemerkenswert viele Menschen erreicht, die Kinos sind Paläste, die zum Teil wie grosse Torten aussehen, für die Masse ist ein Kinobesuch jedoch relativ erschwinglich, und für viele ist es wohl die einzige Möglichkeit, aus ihrer tristen Realität zu entfliehen. Umso beachtlicher finde ich eigentlich, daß in solchen Filmen eine Vermischung der alten Traditionen, der freudig ausgeübten Religion, des althergebrachten Kastenwesens mit der Moderne erreicht wird, die die Ideen Ghandis und der Emanzipation der Frau auf eine charmante, gefühlsbetonte und respektvolle Weise (respektvoll gegenüber den Alten) überzeugend zur Schau stellt.
Daß sich am Schluss die Gattin gegen ihren Göttergatten stellt ist in Indien eine echte Revolution. Daß der Göttergatte am Schluss die niedrigstehendere Ehefrau in die Familie aufnimmt, ist geradezu unerhört, und noch mehr, daß er seine Fehler eingesteht und alle um Verzeihung bittet.
Die Popularität dieser Filme und die Art und Weise, wie an den alten Formen gerüttelt wird, (eben ohne Gewalt, sondern in dem man die Alten dennoch respektiert) gibt den jungen Menschen in Indien Ideen und Wegweiser, einen inneren Wechsel zu vollziehen, ohne mit ALLEM brechen zu müssen.
In der Realität ist der grösste Teil des indischen Volkes noch fest in der Hand der alten Tradition, vor allem die Frauen. Das können wir uns hier überhaupt nicht vorstellen. Die Familie, die Religion, die Ehe, eine indische Frau hat nur diesen Platz, oder sie ist eine Ausgestossene. Die Eltern unglücklich zu machen ist ein Sakrileg, der Verlust der Liebe der Eltern das Schlimmste.
Vielleicht kann ich mich deßhalb so gut da reinfühlen, weil viel asiatische Art auch in meiner eigenen Familie lebendig ist.

Für mich war es wieder mal ein innerer Ausflug in ein Land, in dem sich ein grosser Teil meines Herzens irgendwie Zuhause fühlt, daß mir vielleicht manchmal weniger fremd erscheint, als mein eigenes Geburtsland, und nachdem ich immer wieder Sehnsucht empfinde.

NAMASTE!
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rinpotsche - 2009/08/16 12:39

Ju, ich habe den Film vor ein paar Jahren in einer Open Air Vorstellung gesehen, ohne vorher zu wissen, dass ich die halbe Nacht da sitzen werde. Es war eine so heiße Nacht, dass ich den aus allen Richtungen gleichzeitig kommenden Wind, sowie die ausgeprägte Heulerei direkt erfrischend fand;-)

momoseven - 2009/08/16 12:45

:-)

baldrian goodnight - 2009/08/16 21:17

Vor zwei Jahren (? glaube ich) kamen eine zeitlang jede Woche Bollywood Filme und allwöchentlich traf sich die Familie -immer abwechselnd mal bei den einen mal bei den anderen- zum gemeinsamen Abendessen und anschließendem Rudelschniefen *ggg
Grützchen ;O)

momoseven - 2009/08/16 22:06

In Spanien

war es vor 1 Jahr noch nicht angekommen. Da gibt es eher diese mexikanischen Telenovelas, bei einer hab ich richtig viel Spanisch gelernt...
:-)
Chutzpe - 2009/08/18 20:02

Also ich ziehe jeden Splatter-Trash diesem Fröhlich-Getue vor. Ganz zu schweigen von der Musik - doch jedem das Seine, ne ;-)

momoseven - 2009/08/18 23:17

Kann ich icht gucken,

sowas. Da kriege ich immer Alpträume. Im Ernst.
Ich stehe eigentlich eher auf Science-Fiction, aber so Zeug gucke ich vor allem gerne wegen der Sprache (spanisch in dem Fall), oder weil ich eben schon mal in Indien war.
Liebe Grüsschen! :-)
Chutzpe - 2009/08/19 05:38

Das kann ich verstehen - so hat halt jeder seine Vorlieben.

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